Just in Time

Anja, 20. September 2019

Rio de Janeiro für Henni und mich 

Wie wir versuchen, die Stadt zu sehen und gleichzeitig zu arbeiten:

 

16.9.

15.00 h Ankunft im Hotel

16.00 h Fahrt mit der Metro nach Copacabana

 

16.30 h Ankunft am Strand - überwältigende Gefühle

Henni geht schwimmen

Anja trinkt eine Coco und geht nicht schwimmen, weil - O-Ton Grazie: „Don´t go swim, it´s too dangerous! Cause the water is polluted!”

 

17.30 h Ipanema - Sonnenuntergang vor spektakulärer Kulisse

19.00 h Abendessen in Ipanema

 

20.30 h Abfahrt nach Pedra do Sal zum Samba auf der Straße

 

23.00 h Rückkehr ins Hotel

Trinken mit unserer Brazil Crew am Hotel Pool

letztes Bier auf dem Balkon mit Blick auf Jesus Christus

 

17.9.

9.00 h Aufstehen 

10.00 h Abfahrt zum Theater

10.30 h Aufbau der Bühne mit der Crew 

11.30 h Raka sagt, wir haben Pause bis 15.00 h

11.34 h Abfahrt mit dem Van zum Zuckerhut

 

12.00 h Seilbahnfahrt zum Zuckerhut

spektakuläre Aussicht, aber wir müssen weiter 

 

13.30 h Abfahrt mit dem Taxi nach Urca

14.00 h Essen in Boteco Belmonte - Doras Empfehlung - lecker!!

14.15 h Dora schreibt eine Nachricht, dass wir erst 16h im Theater sein müssen. Kurze Entspannung. 

 

15.00 h Aufbruch zu Fuß nach Teatro Sergio Ponto in Humaita

15.15 h Taxi nehmen

Fahrer seltsam, will immer wieder, dass ich mich vor Mutter Teresa bekreuzige

15.20 h Stau. Stau. Stau.

15.40h Ausstieg aus dem Taxi. 1,7km Rennen zum Theater in großer Hitze

16.05h Ankunft im Theater - Verschwitzt und kaputt

 

16.10 - 20.00 h Leuchten

20.30 h Aufbruch nach Lapa

Treffen der Gruppe im Ausgehviertel

24.00 h Rückkehr ins Hotel

 

18.9.

9.30 h Frühstück

10.00 h Abfahrt mit der Metro ins Centro 

10.45 h Besuch von der Nationalbibliothek, des Teatro Municipal und der Innenstadt

12.00 h Abfahrt der Straßenbahn durch Santa Teresa

12.50 h zur Metro hasten

13.15 h Ankunft im Hotel und gleich Transport mit dem Van zum Theater

 

13.40 h Leuchten

15.00 h Probe

17.00 h Rückkehr zum Hotel plus kurzes Essen

17.50-18.30 h Pause

18.30 h Abfahrt ins Theater

 

20.00 h Aufführung

21.30 h Publikumsgespräch

22.15 h Abbau

23.00 h Rückkehr ins Hotel

 

23.03 h Fahrt nach Copacabana 

1 Caipirinha und 1 Bier in der Strandbar

24.00 h Abschlussgetränke mit unseren Brasilianern

 

19.9.

9.00 h Check out - Fahrt zum Flughafen

12.10 h Flug nach Salvador



Reisewarnung

Henrike, 19. September 2019

Eine Aufregung vor der Abreise nach Brasilien waren für mich die vielen Warnungen vor der hohen Kriminalität in den großen Städten des Landes. Ich habe mir des Öfteren die Frage gestellt, inwieweit bspw. das Auswärtige Amt oder verschiedene Reiseführer diesbezüglich Panikmache betreiben und inwieweit tatsächlich Vorsicht geboten ist. In jedem Fall habe ich mich, wie die meisten im Team, mit einer Gürteltasche ausgestattet, die im Hosenbund verschwindet. Die trage ich, seit ich hier bin, gefüllt mit Geld, Pass und

Handy auch immer am Körper und lege sie eigentlich nur zum Schlafen ab.

 

Vor zwei Wochen, in Manaus, hatte ich keinerlei Bedenken. In São Paulo sah das anders aus. Die Atmosphäre in den verschiedenen Vierteln unterscheidet sich sehr. Pinheiros, das Viertel, in dem unser Hotel lag, gilt als sicher und hat sich auch so angefühlt. Das Theater lag im Stadtzentrum. Eigentlich hatte ich zunächst auch rund ums Theater kaum Bedenken. Einerseits sah man dort zwar deutlichere Unterschiede zwischen der sozialen Situation der Menschen und sehr viele Menschen, die auf der Straße leben. Andererseits wäre unsere Unbekümmertheit sicher erhalten geblieben, wenn verschiedene Erzählungen nicht unsere Angst geschürt

hätten. Als wir an einem der Tage in der Mittagspause zusammen mit Teilen des brasilianischen Teams auf dem Weg zum Essen waren, bekamen wir den Hinweis: „Be careful with your cellphones!“ Eine der Kolleginnen meinte, dass ihr in der Gegend ums Theater im letzten Jahr fünf Telefone gestohlen wurden. Im gleichen Zuge meinte sie, dass São Paulo gefährlich ist, der Grad der Kriminalität in Rio de Janeiro auf der Skala im Vergleich aber nochmal deutlich nach oben schnallt. Ab dem Moment hatten wir großen Respekt vor Rio.

 

Als wir in Rio aus dem Flughafen getreten sind, hat sich mindestens bei mir ein Gefühl der Anspannung eingestellt und bei der ersten Fahrt mit der Metro habe ich mich sehr auf die Gürteltasche im Hosenbund, den 100 Reais-Schein in der Hosentasche und mein Handy im Beutel konzentriert und immer wieder abgecheckt, ob alles noch da ist. Die Warnungen und Erzählungen von der Gefahr, in Rio ausgeraubt zu werden, haben diesbezüglich einiges ausgelöst. Gestern z.B. war ich vormittags mit Anja im Zentrum von Rio unterwegs. Barbara hatte uns empfohlen, an der Metro-Station Urugaiana auszusteigen und dann durchs Zentrum zur Bonde zu laufen und mit der Bahn durch Santa Teresa zu fahren. Die Gegend um Urugaiana ist die Downtown von Rio. Wir haben gleich registriert, dass wir die einzigen Touristen sind und Anja hat sich als der einzige blonde Mensch weit und breit sichtlich unwohl gefühlt. Das hat sie mir auch kommuniziert mit den Worten: „Henni, lass uns zurück zur Station gehen. Das ist zu gefährlich hier.“ Offensichtlich ist es ungefährlich in der Downtown unterwegs zu sein, so lange man so aussieht als hätte man einen Plan und weiß, wo man hin möchte. Diese Bild haben wir mit unseren orientierungslosen Blicken in alle Richtungen und dem beständigen Schauen aufs Handy ganz sicher nicht abgegeben. Von daher war Anjas kurze Panik sicher nicht ganz unbegründet. Wir haben der inneren Unruhe aber standgehalten und sind bald wieder in vertrauensvolleren Gefilden gelandet.

 

Die Gefahr ist vor allem deshalb so groß, weil hier jeder zweite Mensch in einer Favela, also in sehr ärmlichen Verhältnissen, lebt und die Schere zwischen arm und reich damit sehr groß ist. Außerdem ist die Polizei korrupt und greift willkürlich Leute auf, sodass es keine höhere Instanz gibt, die Straftaten ahnden würde.

 

Glücklicherweise sind die Erzählungen für uns aber nur Erzählungen geblieben und ich hatte auch überhaupt

nicht das Gefühl, mich in ständiger Gefahr zu befinden. Sicher ist es gut, um die kritische Situation zu

wissen und mit offenen Augen durch die Straßen zu gehen aber nach meiner Empfindung kann man Rio und auch

São Paulo an vielen Orten sehr entspannt genießen.


Gruppenfotos an der Copacabana


Barbara in Rio

Barbara, 19. September 2019

Mit 19 Jahren bin ich das erste Mal nach Brasilien gereist, ein halbes Jahr lang, durchs ganze Land. Und habe dann angefangen, Portugiesisch zu lernen. Eigentlich wollte ich dann ein Semester in Portugal studieren, aus Vernunft, weil es nicht so weit weg ist. Dann ist es doch Brasilien geworden. 1999, also vor genau 20 Jahren, habe ich dann ein entwicklungspolitisches Stipendium der Carl-Duisburg-Gesellschaft bekommen, um die Theaterarbeit Augusto Boals mit dem Theater der Unterdrückten in Rio de Janeiro kennenzulernen. Kaum zu glauben, dass das schon so lange her ist. Über zwei Jahre war ich insgesamt in Brasilien.

Immer wieder war ich in Rio de Janeiro, das sich einerseits sehr verändert hat (betretbare Klos am Strand und in den Bars). Und doch ist gerade in Bezug auf die Gewalt vieles gleich geblieben. Ich fand es interessant, dass alle aus unserer Gruppe Rio gleich geliebt haben. Ich fand es Ende der 1990er Jahre so schwer, dort zu arbeiten und bin immer nach Sao Paulo geflüchtet, um ins Theater zu gehen und in die Unibibliothek. Alle lieben Rio zum Urlaub machen. Strand, Natur und eine Großstadt, die zum Ausgehen einlädt - das alles hat man auf einmal - und man weiß gar nicht, was man zuerst machen soll. Wir hatten leider nur zweieinhalb Tage, die vor allem für Regie, Technik und Assistenz mit Auf- und Abbau, Einrichtung und Leuchten verbunden waren. Meine Sonnencremes und Mückensprays sind noch fast voll...Belohnt wurden wir dafür mit schönem Wetter, einer erfolgreichen Vorstellung und einem gutem Publikumsgespräch, in dem betont wurde, wie wichtig unsere Inszenierung für ein Land wie Brasilien ist.


It's really dangerous

Annegret, 19. September 2019

Mit unserer nächsten Station, Rio de Janeiro, sind viele Erwartungen und Vorstellungen verbunden. Auch die Brasilianer, vor denen wir bisher erwähnt hatten, dass wir auch noch in Rio spielen werden, bekamen meistens strahlende Augen bei der Erwähnung der Stadt. Eine Stadt der Extreme: „Brazil`s most beautiful city, but reeeeeally dangerous...!“. Dieser Ruf eilt voraus und wir sind gespannter als bei den bisherigen Reisen. Dass es hier enorme soziale Probleme gibt, sehen wir bereits bei der Fahrt vom Flughafen in die Stadt. Die Stadt erscheint unübersichtlich und chaotisch. Alles ist wild bebaut, auf nahezu jeden kleinen oder großen Hügel, aus denen das Stadtbild vorwiegend besteht, wurden ärmliche Hütten gebaut. Das offene Meer ist nicht zu sehen, erst die über allem schwebende Christusstatue erinnert uns majestätisch daran, wo wir sind. Sie wird unser ständiger Begleiter in dieser Stadt sein - in der Realität noch beeindruckender, als wir uns das vorgestellt hatten. Und nicht nur sie übertrifft die Erwartung: nach der Ankunft wird allmählich klar, was so viel besungen wurde. Badend an der Copacabana, an einem der unglaublichsten Sonnenuntergänge an der Bucht von Ipanema und am späteren Abend auf einem Platz in Santa Teresa, wo eine Gruppe älterer Herren Samba spielt, können wir die Magie und den Puls der Stadt erleben. Die Stadt scheint ein seltsames Eigenleben zu haben. Menschen tanzen auf der Straße, abends wird Bossa gesungen, die Einwohner sind unfassbar warm und freundlich. Trotzdem wird man immer und überall gewarnt: diese Straße sollte man besser nicht gehen, zu gefährlich. Am Abend, gerade einmal Mitternacht, die Straße noch einigermaßen belebt, bittet uns der freundliche Kellner der eben verlassenen Bar dringend, sofort in ein Taxi zu steigen: viel zu gefährlich hier. Auf dem Nachhauseweg sieht man durch die Scheiben eine gespenstische Stadt. Menschen ziehen Wägen mit Müll oder Dosen hinter sich her, schlafen auf der Straße, prostituieren sich. Man bräuchte mehr Zeit, um all das zu verstehen. Und natürlich bekommen wir nur einen sehr kleinen Einblick - für uns alle ist es ein wirkliches Erlebnis, hier zu sein.


Überwältigt

18. September 2019

Blick auf Rio vom Zuckerhut aus
Blick auf Rio vom Zuckerhut aus

Wir sind seit drei Tagen in Rio und werden gerade überwältigt von all den Eindrücken, die diese Stadt bietet: Copacabana, Ipanema, Sonnenuntergang, Zuckerhut, Cristo Redentor, Samba auf der Straße, ein buntes Nachtleben...und dann ist da immer noch das Theater und die Arbeit, die zu tun ist. Es bleibt also sehr wenig Zeit, die Eindrücke, die wir sammeln auch noch in Worte zu fassen und damit den Blog zu pflegen. Aber wir holen das alles nach...das ist sicher!!